Was ist Praktische Theologie im Allgemeinen und was ist besonders am Institut für Praktische Theologie in Leipzig?

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Alte Bücher: „Seelenschatz“, Gesangbuch u.a.
Auch in einer jungen theologischen Disziplin spielen alte Bücher eine wichtige Rolle. Foto: Colourbox

Praktische Theologie nimmt wahr, was Menschen in der Kirche und jenseits der Kirche bewegt – und fragt, wie Gott damit zu tun hat.

Sie sucht nach Sprache und Wegen, die Weltwirklichkeiten auf Gott hin zu öffnen. Sie lernt von den Künsten und aus der Geschichte der Kirche. Sie steht im Kontakt mit internationalen Partnern. Sie lebt vom Dialog mit Stimmen aus der Ökumene und dem Judentum.

Die Praktische Theologie ist die jüngste Disziplin an der Theologischen Fakultät unserer Universität. Sie fragt nach der Praxis des Glaubens inmitten der Gesellschaft der Gegenwart. Die Vielfalt unterschiedlicher Phänomene des Religiösen, die Vielgestaltigkeit christlicher und außerchristlicher Spiritualität und die Pluriformität des Glaubensvollzugs bieten den Hintergrund für jede praktisch-theologische Reflexion. All das macht dieses Fach zu einer herausfordernden, facettenreichen, methodisch und inhaltlich vielgestaltigen Wissenschaft.

In vielfältiger Weise nimmt die Praktische Theologie Bezug auf die anderen Disziplinen der Theologie und die Nachbarwissenschaften, wie die

  • Erziehungswissenschaft, 
  • Sprachwissenschaft, 
  • Kunstgeschichte, 
  • Kulturwissenschaft, 
  • Literaturwissenschaft, 
  • Theaterwissenschaft und
  • Soziologie. 

Gerade die Struktur des Leipziger Institutes trägt dieser Gegenwartsorientierung Rechnung.

Wie vielleicht keine der anderen theologischen Disziplinen steht die Praktische Theologie in der Gesellschaft und beim Menschen. Ihre verschiedenen Teilgebiete umfassen  

  • die Predigtlehre (Homiletik), 
  • die Lehre vom Gottesdienst (Liturgik), 
  • die Seelsorgelehre (Poimenik),
  • die Gemeindepädagogik, 
  • die Pastoraltheologie,
  • die Kybernetik/Kirchentheorie und Diakonik.

Ohne die konkrete Rückbindung an Pfarr- oder Lehramt, würde die Praktische Theologie möglicherweise als eine abstrakte Denkbemühung verstanden. So bleibt jedoch  die Wirklichkeit in Kirche und Gesellschaft und die künftige berufliche Tätigkeit der Studierenden im pastoralen Dienst im Blickfeld der Wissenschaft. Die Praktische Theologie leitet einerseits zu einer kritischen Reflexion des geschichtlich gewachsenen und gegenwärtigen kirchlichen und gesellschaftlichen Lebens. Andererseits hilft die Praktische Theologie die wissenschaftlichen Überlegungen und Überzeugungen mit der gegenwärtigen und künftigen beruflichen sowie gemeindlichen Realität zu vermitteln.

Praktische Theologie in Leipzig kennzeichnet

  • die enge Verzahnung von praktischer Erfahrung (in Seelsorge, Gottesdienst und Predigt) und theoretischer Reflexion,

  • die liturgiewissenschaftliche Forschung,

  • qualitative und quantitative empirische Studien zu Religion und Säkularität in der Religionssoziologie.

Lehrstuhl und Professuren

Gegenwärtig arbeiten wir im Institut im Miteinander dreier Spezialisierungen:

  1. Der Lehrstuhl für Praktische Theologie überblickt die Breite des gesamten Faches. Er konzentriert sich insbesondere auf die Predigtlehre (Homiletik) sowie die Lehre vom Gottesdienst (Liturgik).

  2. Eine Professur widmet sich vor allem der Seelsorgelehre (Poimenik) sowie der christlichen Spiritualität. Hier ist auch das Kontaktstudium Spiritualität verankert.

  3. Die Abteilung Religions- und Kirchensoziologie nimmt die Phänomene kirchlichen und religiösen Lebens in einer empirisch-soziologischen Perspektive wahr. Dieser Forschungszweig mit einer eigenen Professur stellt eine Besonderheit unseres Institutes dar und ist an keiner anderen Theologischen Fakultät in Deutschland in dieser Form zu finden.

Die religionspädagogische Forschung wird seit 1992 in dem eigenständigen Institut für Religionspädagogik wahrgenommen.

Das Liturgiewissenschaftliche Institut der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD) arbeitet an neuen Gottesdienstordnungen sowie an der Erneuerung von Agenden mit und ist in der Aus- und Fortbildung aktiv. Verbunden mit dem Lehrstuhl für Praktische Theologie unserer Universitäte nimmt es liturgiewissenschaftliche Forschungsarbeit wahr. Dieser Verbund bietet das Kontaktstudium Liturgiewissenschaft an. Im Zusammenschluss mit den Universitäten Halle, Jena und Erfurt führt das Institut den ökumenischen Aufbaustudiengang Liturgiewissenschaft durch.

Mit dem Lehrstuhl für Praktische Theologie ist seit September 2019 die Forschungsstelle „Kirchliche Praxis in der DDR. Kirche in Diktatur und Minderheit“ verbunden.

Ilse Junkermann, frühere Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, leitet die Forschungsstelle.

 

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