48 Stunden einfach aussteigen. Ich bin, wir sind ausgestiegen: aus stressigen Prüfungsphasen, aus durchgetakteten Professor:innenleben, aus der Gemeindeverantwortung als Pfarrer:in bzw. Rabbiner, aus der Promovierenden-Logik des permanenten Produzieren- oder zumindest Publizieren-Müssens. Manche von uns sind ganz physisch „ausgestiegen“ aus dem Kriegsgebiet zu dem Israel/Palästina geworden ist. Ich bin, wir sind ausgestiegen – für 48 Stunden, um nur eines zu tun: Um in der Bibel zu lesen!
Gemeinsam haben wir von Geschichten um David und Saul gelernt (1Sam 15, 1Sam 24, Ps 142, 1Sam 30, 2Sam12, 2Sam 21), haben um sie gerungen, mit ihnen gestritten, in ihnen gezweifelt. Im Gedächtnis bleibt eine Tagung, die sich um Texte rankte, nicht um Themen, und die dennoch (oder gerade deshalb) reich war. Nie langweilig. Nie vorhersehbar. Auf hohem Abstraktionsniveau und gleichzeitig nah am biblischen Wortlaut.
Wenn der Mathematikprofessor mit dem Bibliodrama-Urgestein zu ergründen versucht, wie sich Nathan und David gegenüberstanden. Wenn der Bundesmilitärrabbiner gemeinsam mit der protestantischen Theologiestudentin um die beste Übersetzung eines hebräischen Wortes ringt. Wenn die queere Pfarrerin aus Wittenberg mit dem orthodoxen Rabbiner aus Jerusalem über der Rolle der Rivka in der Geschichte um die Gibeoniter brütet. Wenn die Judaistikprofessorin und der Praktische Theologe gemeinsam der Differenz zwischen „Wort Gottes“ und „Stimme des Wortes Gottes“ nachspüren, dann sind sie alle mittendrin im Dialogical Bible Reading.
Und natürlich steigen sie nicht aus. Sie bleiben, wir bleiben geprüft und getaktet. Wir müssen Verantwortung übernehmen und Publikationen veröffentlichen. Manche von uns müssen zurück ins Kriegsgebiet. Wir müssen uns der Realität stellen.
Und obwohl all dies nicht explizit Thema war, bleibt das Gefühl Wesentliches getan zu haben. Mit geschultem Blick und geschärften Verstand zurückzugehen.